Prozesserklärung 1 vom 10.06.20222

Ich sitze also heute hier weil ich vor nun schon zwei-ein-halb Jahren in und am Bundesamt für Ausfuhrkontrolle demonstriert habe. Da das eigentlich lang genug her ist um hieraus eine möglichst schnelle Angelegenheit zu machen und schon so oft in den vorhergehenden Prozessen richtigerweise auf die menschenrechtsfeindliche Waffen-Exportpolitik der BRD und die Rolle die das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle in Eschborn darin spielt hingewiesen wurde, würde ich mich eigentlich gerne kurz halten. Aber leider muss ich sie da enttäuschen, weil während seit dem letzten Prozess in dieser Sache nur wenige Wochen vergangen sind, gibt es schon wieder neue Beispiele die umso deutlicher machen wieso ich am 04.02.2020 gegen das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle demonstriert habe.

Während wir hier heute sitzen plant das Erdogan Regime in der Türkei eine erneute Großoffensive gegen die kurdischen Gebiete in Syrien. Möglich ist das, weil an den Schreibtischen des Bundesamts für Ausfuhrkontrolle egal ist, dass die aus Deutschland exportierten Waffen in völkerrechtswidrigen Angriffskriegen genutzt werden. 1/3 aller Deutschen Rüstungsexporte gehen in die Türkei. Egal scheint dem Bundesamt für Ausfuhrkontrolle dabei auch zu sein, dass der türkische Staat die Panzer, die Maschinengewehre und die Vielzahl an anderen tödlichen Technologien auch im Inneren einsetzt um beispielweise Oppositionelle oder Angehörige ethnischer Minderheiten zu terrorisieren. Auch dass der Türkische Staat die Waffen in die Hände lybischer Warlords weitergibt scheint im Bundesamt für Ausfuhrkontrolle geschweige denn in der Bundesregierung kein Grund für einen Richtungswechsel zu sein. 

Ginge es bei all dem nur um die Türkei wäre das schlimm genug. Doch die Liste an Ländern deren menschenrechtsfeindliche Politik durch die Versorgungen mit deutschen Waffen und deutscher Militärtechnik möglich gemacht wird, und die Liste an Ungerechtigkeiten, die mit dieser begangen werden, geht leider viel weiter. Saudi Arabien ein Land in dem Menschenrechte insbesondere für Frauen und Queers keine Gültigkeit zu scheinen haben, aber auch lupenreine Diktaturen, wie die des weißrussischen Lukaschenko Regimes werden fröhlich mit tödlicher „Qualität made in Germany“ versorgt. Auch Waffenexporte an Myanmar wurden im Bundesamt für Ausfuhrkontrolle genehmigt. Dass diese Waffen möglicherweise für den Genozid an den Rohingya eingesetzt wurden scheint hierzulande nicht mal einen Aufschrei wert, geschweige denn einen Gerichtsprozess. Aus deutschen Waffenschmieden kamen auch die G36 Gewehre mit denen 2014 in Mexico in Zusammenarbeit von Polizei und Drogenkartellen 49 Student*innen hingerichtet wurden. Glauben sie mir ich könnte problemlos 2 Stunden weitere Beispiele aufzählen, aber ich denke mein Punkt ist mehr als klar.

Wenn das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle offenbar kein Interesse daran hat den Einsatz und Verbleib der exportierten Waffen zu kontrollieren und auch die anderen Kontrollinstanzen dieses Staates kein Interesse an der Verfolgung und Korrektur dieser Missstände haben, dann sollte mehr als nur klar sein wieso ich mich entschieden habe dort zu demonstrieren. All diese Opfer und ihre Hinterbliebenen haben nie Gerechtigkeit erfahren und wo ich den deutschen Staat nicht dazu bewegen kann, zu mindestens Versuche der Entschädigung und Aufklärung zu unternehmen, fühle ich mich umso mehr verpflichtet dafür einzustehen, dass dieses unkontrollierte Durchwinken von tödlicher Technik im Bundesamt für Ausfuhrkontrolle endlich ein Ende findet und nicht noch mehr Ungerechtigkeiten passieren, die niemals wieder entschädigt werden können.

Dass ich mich nun dafür vor Gericht wiederfinde an einem öffentlichen Ort dessen Türen weit offen standen von meinem Grundrecht auf Protest und freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht zu haben ist zwar weitaus weniger skandalös als die Arbeit des BAFA, es bleibt aber ein Skandal. Noch skandalöser wirkt das Ganze wenn wir uns vor Augen führen welche Welle an Repression und Gewalt die Polizei in und die Staatsanwaltschaft gegen unseren Protest aufgefahren hat. Eine Welle der Repression, anders lässt sich mit Blick auf unseren friedlichen Protest nicht schlussfolgern, hinter der vor allem politisches Kalkül steht. Eine Welle der Repression, die schon viel zu lange anhält, die sich jeder Verhältnismäßigkeit entzieht und die nur hier und nur von ihnen Frau Richterin beendet werden kann.