Poetry Slam im Gericht / Prozesserklärung 3 am 10.6.22

Ich möchte im Folgenden erklären, warum die Blockade des BAFA absolut notwendig war
und auch an der richtigen Stelle geschah.

Es gibt eine Methode, die visualisiert den Anteil der Gewalt. Heb die Hände nach oben,
wenn du denkst, das Maß der Gewalt ist geballt.
Doch heb die Hände nicht in die Höh`,

wenn du denkst, das Handeln ist okay.

Im BAFA werden Waffenexporte beschlossen.
Anträge genehmigt und danach mit den Gütern geschossen. Es folgen Kriege, Leid, Elend, Vergewaltigungen, Mord.
Wir fragen uns immer wieder:
Welcher Friede wurde wohl in diesem Haus gebrochen?

Zig Angeklagte standen vor Gericht.
„Sie hielten sich in dem Gebäude auf!
Sowas tut man nicht!“
Nach etlichen Aussagen der Zeug*innen weiß auch die Justiz von heute: „Es gab keinen Vandalismus, keine Nötigung, keine verletzten Leute.“ Jedenfalls nicht, bis die Polizei ihrerseits die anschließende Versammlung mit gewaltvollen Taten füllt,

wie es ein Video des Medienkollektivs enthüllt.

Wie hoch war der Anteil der Gewalt?
Wer hat hier wo welchen Frieden gebrochen?
Welche der Akteur*innen machen vor Unrecht keinen Halt?

„Deutsche Waffen, deutsches Geld
morden mit in aller Welt.“
Was ist hier wirklich der Eklat?
Wird hier nicht schon offensichtlich,
dass dies eine notwendige politische Intervention durch zivilen Ungehorsam war?

In einem vergangenen Prozess die Richterin spricht: „Im BAFA trefft ihr Leute, die arbeiten dort nur.
Trefft die Verantwortlichen, sonst erreicht ihr nichts.“ Wir würden ja direkt zu neuen Taten hetzen.

Doch ist das etwa ein Aufruf, den Bundestag zu besetzen?
Oder richtet sich das an Walther, Diehl, Sig-Sauer, Heckler-Koch oder Rheinmetall? Oder ist das am Ende vielleicht egal?
Denn egal, an welcher Stelle des Zahnrads man sitzt:
Mord bleibt Mord.
Entweder man lässt es oder macht da mit.

Wenn sich das BAFA vor solcher Kritik verschließt,
es nicht sieht, dass progressiver Fortschritt auch aus Einsicht besteht,

stattdessen eine kritische Masse mit Anzeigen versieht,
bleibt das Ergebnis eben,
dass man überall mit deutschen Waffen auf Menschen schießt.

Die Legislative weist die Verantwortung ab von dem Bösen.
„Wir machen nur das Gesetz, die Umsetzung soll die Exekutive lösen.“
Die Exekutive soll nun entscheiden: Wo sollen die Waffen hin und wer muss leiden? „Wir führen nur aus das Gesetz.
Habt ihr ein Problem damit, wendet euch an die Justiz, die spricht das Recht.“
Die Judikative betrachtet das Geschehen heute aus gespaltenen Perspektiven. „Eure Gründe können wir ja verstehen, doch handelt doch bitte nach Maß und Gesetz,
sowie vorgesehen von der Legislativen.“

Das Gesetz ist jedoch nicht fair. Es bestimmt nämlich, aus Deutschland kommen die Waffen her.
Zerstreuen sich in alle Welt,
für Kämpfe um Macht, Hierarchien und Geld.

FLINTAs sind die, die am meisten drunter leiden,
und diejenigen, die seltenst darüber entscheiden.
Während patriarchale Spitzen ihre Schwänze vergleichen. Gleichzeitig alter Kolonialismus in neoliberalem Gewand.
BRD, du tüchtiges Land.
Denn die BRD will sich in der NATO am meisten Sagen erlaben. Und wie soll das funktionieren,
ohne die Führung in der Rüstungsindustrie zu haben?

Panzer knarren, Schüsse fliegen, surren, rauschen. Der deutschen Gesetzgebung von Nahem lauschen.

Aber die Verantwortlichen stehen nicht vor Gericht. Seit hunderten von Jahren schreien Eltern:
„Nein, meine Kinder geb ich nicht!“
Und das eine Kind, das weint in der Not:

„Mama, ich habe Hunger.“
Doch das Brot ist leer,
und aus der Ferne raunen zynische Stimmen her: „Protest ist ja schön und gut,
aber ziviler Ungehorsam, das geht zu weit.“

Und wir sitzen hier mit Entsetzen.
„Menschenrechte? Die gelten nur im Inneren.
(Und in manchen UN-Staaten, aber auch nicht allen.)
Global können deutsche Rüstungsgüter aber ruhig die Welt zerfetzen.“

Seit jeher setzt sich diese Logik fort.
Menschen sterben und ihr schweigt.
Und es geht gar nicht nur um dieses eine Kind an diesem einen Ort.

Das erwähnte ich nur, damit der emotionale Eindruck bleibt.
Endlos scheint die Liste der Betroffenen zu sein.
Auf den Philippinen, im Jemen, in Kolumbien, in Mexiko, Indien, Iran, Irak und Syrien.
Die Zahlen lassen sich, realistisch gesehen,
weder kognitiv noch emotional in ihrer Gänze erfassen.
Doch klar ist: Auch im BAFA gehört tödliches Agieren unterlassen.
Daraufhin gehen ein paar Menschen in das Bundesamt rein.
Wollen den mörderischen Alltag und das täterische Schweigen brechen. Doch der Staat schreitet mal wieder an der falschen Stelle ein.

Zum 8. Mai sprach Scholz in seiner Rede,
dass es Waffenexporte in ein Kriegsgebiet
nun zum ersten Mal erst gebe.
Wie naiv muss ein Mensch wohl sein zu glauben,
dass es zur Kriegsführung bestimmte Waffen,
niemals schaffen in Kriegsgebieten eingesetzt zu werden? Und dass davon keine zivilen Menschen sterben?

Und wie abgestumpft muss ein Staat wohl sein,
den betroffenen Ländern in Gedenken,
sich nach White-Saviour-Logik als „weißer Retter“ aufzuranken? Sich mit achso gütigen Almosen zu brüsten,
statt aufzuhören zu Kriegen aufzurüsten.

Wir hatten keine andere Wahl.
Ein Feuer lässt sich nicht löschen mit Spiritus.
Ein Krieg sich nicht mit Rüstung und Beschuss.
Das müsste nach zig Jahren Kriegsgeschichte
einmal auftauchen vor Gerichte.
In dem sich auch das BAFA stellt.
Damit Beamte nicht mehr Waffenexporte genehmigen,
wie es gerade dem Staat
zur angeblichen Pflege internationaler Beziehungen gefällt.

Eine Exekutive, die sich für ihren Lohn nicht bedient an Repression. Die sich orientiert in ihrem Handeln
an Menschenrechten und globalem Frieden.
Ein Staat, der vorangeht mit vorbildlicher Funktion,

sich zu Waffenexporten und Rüstungsproduktion vom Ethikrat belehren lässt.
Wäre das nicht wenigstens mal ein Anfang?
Ich finde schon.

Aber glaubt ja nicht, ich sei so naiv
und würde drauf hoffen,
dass es mit Nation, Kapital und Patriarchat
jemals ein friedliches, freies Leben gibt.
Der Kampf gegen die Zwänge bleibt uns nicht erspart.

Unser Handeln entspricht ja sogar dem Kategorischen Imperativ:

Man beachte nur,
dass eine aktive Zivilgesellschaft sowas von wünschenswert ist.
Merkt ihr nicht, dass wir staatliche Aufgaben unbezahlt übernehmen? Zum Beispiel im Kampf gegen Faschismus, Rassismus, Sexismus, Krieg und solchen Mist.
In diesem Sinne:
Seid froh, dass es uns gibt!
Mit welcher Intention würde man sich nach einer Zivilgesellschaft sehnen, die jede Propaganda glaubt und gehorsam immer nur den Kopf einzieht?

An dieser Stelle frage ich mich,
wie sähe es heute weltpolitisch aus,
hätten vor ein paar Monaten schon
ein paar Anarchos eine Besetzung im Kreml beschlossen und dabei die Macht eines Despoten gebrochen.

Manchmal braucht eine staatliche Institution
einen sichtbaren Aufschrei als Erinnerung an das eigene Gewissen. Versteht ihr unser Bestreben?
Wir wollen nämlich Verhältnisse,
in denen es möglich ist, ohne Gehorsam und ohne Ungehorsam zu leben. Alles andere ist beschissen.

Und weil geflüchtete Menschen nach neuen Perspektiven streben
während die BRD sagt: „Du darfst hier nicht leben.“
Weil sie denkt, diese Menschen kriminalisieren, freiheitsberauben und deportieren zu müssen,
auch darum muss sie aufhören mit deutschen Rüstungs- und Waffenzuschüssen.

Wer sieht hier zwischen rostigen Legitimationsketten einer vergangenen paternalistischen Generation,
dass wir ein legales wirksames Mittel hätten,
durch das solch staatlich bestimmtes Unrecht vergeht? Auch das macht den Ungehorsam legitim.

Mitunter ließen sich Leben retten durch eine starke zivile Souveränität.

Eins noch: Ungehorsam, der zivile,
entsteht, aus fehlender Perspektive.
An Mitbestimmung, Recht und Moral.
Unsere Gründe versteht ihr total?
Dann blicken wir auf euch gespannt:
Lasst endlich die Anklagen all unserer Genoss*innen fallen, Sprecht das Recht mit gerechtem Verstand.