Prozesserklärung 07.04.22

Die Blockadeaktion gegen die BAFA ist vor über zwei Jahren gewesen – sie wäre heute genauso richtig!

Es ist Krieg – und es war Krieg und es gibt keinen sauberen Krieg! Schon deshalb ist die aktuell unglaublich einschneidende Empörung richtig – nur dass sie so explizit selektiv geschieht.
Krieg ist Ergebnis territorialer Macht- und Ressourceninteressen, Ausbeutungsinteressen und die Unterwerfung von Menschen.
Krieg auf dem Niveau, auf dem wir es im Drohnenkrieg der Türkei gegen das fortschrittliche Rojava erleben – oder medial deutlich präsenter in deutschen Wohnzimmern jetzt in der Ukraine, kann nur mit staatlich gewollten Rüstungsprogrammen und Exporten, an denen immer die gleichen verdienen – die Rüstungsindustrie und ihre Aktionäre – geschehen.
Ohne Waffenproduktion, ohne Rüstungsexporte und Gewinnler kein Krieg –
deswegen kann unsere Antwort als AntimilitaristInnen nur sein: für das sofortige Einstampfen aller Kriegsgeräte!

Das Verfahren gegen mich ist formal als Verstoß gegen das Versammlungsgesetz formuliert, politisch eingeordnet ist es der Versuch mich zur Rädelsführerin zu machen. Zur Rädelsführerin, die andere dazu gebracht hat, die andere manipuliert hat, das BAFA zu blockieren und für einen Tag zu verhindern, dass Kriegsgeschäfte made in Germany stillschweigend stattfinden.
Denn nur zu dieser verachtenswürdigen Denke ist dieses patriarchale kapitalistische System in der Lage: Hier gibt es nicht die Vorstellung davon, dass Menschen für etwas eintreten, was nicht unmittelbar mit ihrem individuellen Wohlergehen zu tun hat: sondern, dass sie Verantwortung übernehmen, dass sie – nicht nur wie Wolfgang Borchert es in seinem Gedicht „Dann gibt es nur eins!“ geschrieben hat, „Nein sagen“ – sondern auch „Nein“ machen.
Machen wir uns nichts vor: in dieser desinteressierten Wohlstandsgesellschaft dringt nichts durch, wenn wir da mit wohlfeilen Pappschildern vor der BAFA gestanden hätten!

Nein: Jede und jeder Mensch, die an diesem Tag an der antimilitaristischen Aktion teilgenommen hat, die weit über Deutschland hinaus Aufmerksamkeit erlangt hat, hat an diesem Tag Verantwortung übernommen!
Verantwortung dafür, dass wir eine solidarische Welt wollen, in der Menschen nicht über andere Menschen HERRSCHEN!
Alle haben selbstbestimmt und solidarisch am 4. Februar 2019 Verantwortung übernommen!
Wir waren viele – und ich war eine von vielen!

Wir waren hier bei einer zentralen Schnittstelle, die sich gerne hinter Schreibtischen versteckt: Denn es braucht nicht nur die Rüstungsproduzenten, sondern auch die, die die Exportwege öffnen: es ist schon zynisch, dass das BAFA ungebrochen Waffenexporten zustimmt, die auch 2021 zum Großteil an die Militärdiktatur in Ägypten gegangen sind! Mit der klaren Feststellung, der Endverbrauch ist unkontrolliert! Um es der Vollständigkeithalber zu sagen, 2021 sind Waffenexporte „in Deutschem Interesse“ im Werte von über 9 Milliarden Euro bewilligt worden. Und der Krieg in der Ukraine macht es binnen weniger Tage einen Sonderetat von 100 Milliarden für die Bundeswehr durchzusetzen. Der Gesundheitsetat Deutschlands beträgt aktuell – auch mit der Pandemie – 16,03 Milliarden Euro. Nur um da mal Relationen nachzuvollziehen.

Aber für sie sind das nur Zahlen:
Für uns geht es um die Unterstützung der Menschen, die unter Krieg, Terror und Vertreibung leiden, die HIER keine Stimme haben, die hier in den Medien nicht präsent sind, für die Menschen, die keine Lobby haben – vor allem wenn es um Profit geht!

Ich möchte hier insofern eine Einlassung machen, als dass der Polizeieinsatz einzig und alleine darauf basierte, dass sie sich an uns rächen wollten für unsere erfolgreiche und überraschende antimilitaristische Aktion!
Wir haben sie selbstbestimmt beendet und waren auf dem Weg nach Hause, als sie uns angriffen.
Getroffene Absprachen mit dem Polizeieinsatzleiter Schneider uns abziehen zu lassen, wurden mit dem Racheangriff der BFE Einheit hinfällig.

Wir haben schon längst gewonnen: denn die Strafbefehlslawine, die uns durch die Justiz überrollen und lahmlegen sollte, hat ihren Effekt total verfehlt:
Solidarisch und politisch wieder die Veranwortung übernehmend, haben wir schon im vergangenen Jahr deutlich gemacht, das bricht an uns und unserer klaren antimilitaristischen Haltung!

Ursprünglich wollte ich als Teil meiner Prozesserklärung etwas leicht abgewandeltes aus der Proletenpassion vortragen. Aber letzlich sind mir die Zeilen im Halse steckengeblieben: es sollte heißen:

Wer A sagt und nicht B sagt, wie sagen wir zu dem : wir sagen dieser A-Sager, der macht sichs sehr bequem. Wer zum Militarismus nein sagt und ja zum Kapital, dass der das nur zum Schein sagt, ist ein klarer Fall!

Doch wer sagt noch Nein? Über den Krieg in der Ukraine ist eine unglaublich militaristische Mobilmachung hier erreicht worden. Dagegen müssen wir unsere ganze Kraft aufwenden – denn Militarisierung ist keine Solidarität!
Riseup against war – rise up for solidarity