Redebeitrag auf der Demonstration für das Leben am 16.10.21 in Eschborn

Willkommen am Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle! Schön, dass so viele Menschen den Weg in das beschauliche Eschborn gefunden haben. Denn hier hinter uns, ab vom Schuss, in diesem unscheinbaren Bürogebäude, sitzt eine der Schaltstellen des möderischen Profitsystem der BRD. 

Das BAFA genehmigt Waffenexporte in alle Welt. Von hier wird Kriegstechnologie ‚Made in Germany’ an autoritäre und kriegsführende Regime organisiert. Die Ablehnung eines Antrags stellt die Ausnahme dar. Letztes Jahr wurden über 99% der Anträge genehmigt. Menschenrechte spielen in dieser Praxis keine Rolle. 

Deutsche Waffen kommen in nahezu allen Krisen- und Kriegsgebieten zum Einsatz. Wichtige Abnehmer deutscher Waffen sind unter anderem die Türkei, Mexiko, Saudi-Arabien, Kolumbien, Israel. Aber auch die Abschottung der europäischen Außengrenzen und der Krieg gegen Geflüchtete wird mit deutschen Waffen geführt. 

Am 04. Februar 2020, haben wir erfolgreich dieses Haus des Krieges blockiert und den Alltag der Behörde empfindlich gestört. Wir haben dieses Gebäude nachhaltig markiert und klar gemacht: Wir übernehmen Verantwortung und zerren euch in das Licht der Öffentlichkeit! 

Wir waren damals und sind heute in Solidarität mit all unseren Freund*innen und Genoss*innen hier; die sich direkt gegen die Auswirkungen des deutschen Geschäfts mit dem Tod wehren müssen! Denn Deutschen Waffen werden weltweit gegen emanzipatorische Kräfte und Bewegungen eingesetzt – gegen Mitstreiter*innen für das gute Leben für alle.

So werden deutsche Waffen in Kolumbien von Militär und paramilitätischen Gruppen gegen soziale Bewegungen eingesetzt. Die Türkei führt mit deutscher Technologie einen Angriffskrieg in Kurdistan und in Mexiko zirkulieren Waffen zwischen Militär, paramilitärischen Gruppen und Kartellen. 

Vor zwei Wochen haben wir im Rhein-Main-Gebiet Besuch von einer zapatistischen Delegation bekommen. Diese mehrheitlich indigene Bewegung aus Chiapas im Süden Mexikos, zeigt seit Jahrzehnten eindrücklich, wie sich mit zivilgesellschaftlichen Taktiken gegen die Gewalt von Militär und Paramilitär gewehrt werden kann. 

Letzte Woche waren Genoss*innen aus Chiapas mit uns in Oberndorf und nahmen Teil am Tribunal gegen Heckler und Koch, einem der größten deutschen Waffenproduzenten. Dieser ist bekannt für, und verurteilt wegen illegaler Waffengeschäfte.

Im Zeitraum zwischen 2003 und 2011 wurden von Heckler und Koch 9472 G36 Sturmgewehre nach Mexiko geliefert. In ein Land in dem nicht klar ist ob der uniformierte Bewaffnete für den Staat, direkt für das organisierte Verbrechen oder für beide arbeitet. Ein Land das in den letzten 15 Jahren 350.000 Ermordete zu beklagen hat, in dem 70.000 verschwunden sind und in dem mittlerweile 100 Menschen am Tag getötet werden. 

Heckler und Koch hat die für den Waffenexport notwendige Endverbleibserklärung nachgewiesenermaßen gefälscht. Die gefälschte Erklärung wurde vom BAFA und vom Wirtschaftsministerium nicht geprüft. Mit dieser staatlichen Unterstützung im Rücken verkaufte Heckler und Koch 4767 der gelieferten G36 Gewehre direkt in vier indexierte Bundesstaaten, in die keine Waffen ausgeführt werden dürfen. Für den illegalen Waffenexport wurde H&K 2010 vom Friedensaktivisten Grässlin angezeigt und 2019 verurteilt. Eine Aufnahme der Ermittlungen begann erst nach massivem öffentlichem Druck.

2012 wurde auch gegen Mitarbeiter*innen des BAFA eine Klage eingereicht, wegen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Kurz nach der Aufnahme der Ermittlungen wurde die Akte von einem Stuttgarter Staatsanwalt geschlossen, damit trat eine Verjährungsfrist in Kraft. In dem Verfahren gegen Heckler und Koch wurden die Opfer und Betroffenen der deutschen Waffenlieferung nie gehört. Laut Gericht war nur der Export der Waffen und nicht deren Nutzung Verfahrensgegenstand. 

Was zeigt uns das? Die deutschen Regierungen und deutsche Gerichte interessiert es einen Scheiß was mit den gelieferten Waffen passiert. Wenn die Waffen die deutsche Grenze überquert haben, gibt es weder die Möglichkeit noch das Interesse ihren weiteren Verbleib und ihren Einsatz zu kontrollieren. Hauptsache die Rendite stimmt und deutsche Machtinteressen in der Welt werden gewahrt.
Die enge Verzahnung von Politik und Rüstungsindustrie findet ihren tödlichen Ausdruck in den schmutzigen Praktiken des BAFA.

Für die Betroffenen von Waffenexporten ist es aber tatsächlich egal ob Waffen illegal oder mit Genehmigung exportiert werden.
 Auch die von der Türkei in ihren völkerrechtswidrigen Kriegen verwendeten Killer-Drohnen können nur mit deutschen Bauteilen, Gefechtsköpfen und Technologien fliegen. Diese werden ganz legal geliefert. Und während in Deutschland der Einsatz von bewaffneten Drohnen durch die Bundeswehr noch umstritten ist, verdienen deutsche Rüstungskonzerne und damit die Bundesrepublik bereits jetzt am Export dieser Technologie. Weder der Einmarsch der Türkei in Rojava noch der Einmarsch in Südkurdistan stellt für das BAFA und die deutsche Rüstungskontrolle ein Genehmigungshindernis dar. Ganz im Gegenteil wird die „erfolgreiche“ Zusammenarbeit mit der Türkei ausgebaut.Für uns bedeutet das vor allem eines; wir müssen Verantwortung übernehmen und Sand ins Getriebe der tödlichen Profitmaschinerie streuen. Gestern, heute, morgen!

hre Antwort auf unseren Protest im BAFA sind an die 40 Ermittlungsverfahren wegen Hausfriedensbruch, Nötigung, Rädelsführer*innenschaft, Körperverletzung und Widerstand.
Wir weisen alle Anschuldigungen entschieden zurück und fordern stattdessen das BAFA und seine Mitarbeiter*innen, sowie die Bundesregierung dazu auf, sofort alle Rüstungsexporte einzustellen und so, den im BAFA von den Mitarbeiter*innen täglich gebrochenen Frieden, wiederherzustellen.
Unsere Antwort auf ihre Repression ist nicht Angst, sondern Solidarität. Wir haben alle Prozesse solidarisch begleitet, mal mit Kundgebung vorher, mal mit Frühstück, mal auch nur auf ein Schwätzchen. Niemand von uns saß bisher alleine im Gerichtssaal. Und niemand wird in Zukunft alleine im Gerichtssaal sitzen. Wir tauschen uns aus über Anwält*innen und Prozeßstrategien, planen gemeinsam Spendenkampagnen und -aktionen.
Nach 6 Monaten und etwa 20 Prozessen, gibt es immer noch keine einzige rechtskräftige Verurteilung. Dennoch halten Staatsanwält*innen an opulenten Zeugenaussagen und aufgeblähten Verhandlungen, und das BAFA an seinem Strafantrag wegen Hausfriedensbruch fest. 

Es ist noch nicht vorbei und wir werden noch viel Gelegenheit haben die Prozesse zur Bühne für unsere Anklage zu machen. Auch deshalb wollen wir uns hier einmal für die Unterstützung die wir erfahren haben bedanken; Für die vielen Einzel-Spenden die uns erreicht haben und für die Aktionen, Parties und Kampagnen die Leute gestartet haben um auf unsere Prozesse aufmerksam zu machen und Spenden zu sammeln. DANKE!
Lasst uns weiterhin gemeinsam zeigen, dass antimilitaristischer Protest und ziviler Ungehorsam legitim und notwendig sind!Wir lassen uns nicht klein kriegen!
Wir werden den deutschen Imperialimus und Neokolonialismus, der auf der Welt für Tod und Zerstörung sorgt, nicht hinnehmen und weiter für internationale Solidarität, Frieden und Gerechtigkeit kämpfen.

Weltweit vernetzen sich emanzipatorische Kräfte, tauschen sich aus und entwickeln
zivilgesellschaftliche Taktiken und Antworten, um sich auf die verschiedensten Weisen gegen die Gewalt zu wehren, die ihnen entgegengebracht wird. Es geht jetzt darum Netze der Rebellion zu spinnen und aufzuzeigen, dass eine solidarische Gesellschaft kein Hirngespinst, sondern Realität ist! Wir stehen hinter unseren Freund*innen in Kurdistan, in Mexico und überall auf der welt, die schon heute versuchen ein gerechteres Jetzt auf dem Weg in ein befreites Morgen zu leben.

War starts hier – let’s stop it here. Stopp war business