Redebeitrag 19.05.21

Wir stehen heute hier, mehr als ein Jahr nach der erfolgreichen Besetzung des Bundesamtes für Ausfuhrkontrolle, bei dem der Alltag dieser Kriegsbehörde für einen Tag empfindlich gestört wurde. Was hier heute allerdings vor diesem Gericht verhandelt wird, ist nicht die Gewalt und der Tod, sind nicht die Menschenrechtsverletzungen, sind nicht die Kriegsverbrechen und sind nicht die Verstöße gegen internationales Recht, die weltweit mit deutschen Waffen begangen werden. Nein, heute findet mal wieder ein Prozess statt, dem noch eine ganze Reihe von Prozessen folgen werden, die sich alle gegen diejenigen richten, die sich der ganzen Scheiße entgegenstellen. Wir sind mit unserer Aktion des zivilen Ungehorsams für ein Ende der Gewalt eingetreten und dafür werden wir von Seiten des Staates, von den sogenannten „Sicherheitsbehörden“ mit Repressionen überzogen. Es bleibt dabei aber nicht nur bei Gerichtsprozessen: über das ganze letzte Jahr hinweg hat die Frankfurter Polizei als treuer Erfüllungsgehilfe des BAFA Genoss*innen während und nach Demonstrationen gezielt angegriffen und rausgezogen. Dabei gingen die Bullen oft mit roher Gewalt vor und nahmen Verletzte billigend in Kauf. Und damit nicht genug: letzte Woche wurden Genoss*innen im Anschluss an eine Kundgebung vor Gericht von fünf Bullen in Zivil über eine Stunde lang durch die halbe Stadt gejagt, nur um Personalien einer Person aufzunehmen. Und das alles für den lächerlichen Vorwurf von Hausfriedensbruch. Es ist offensichtlich, dass die Polizei hier jedes Maß verloren hat und mit skandalösen Mitteln versucht uns einzuschüchtern.

All diese Repressalien sind natürlich nicht verwunderlich. Ob hier in Frankfurt, im Dannenröder Wald, bei G20, ob Lina, oder die 129a Verfahren.. die Liste ließe sich ewig weiter führen. Das bürgerliche Rechtssystem zeigt uns einmal mehr wozu es geschaffen wurde: zur Verteidigung des Status quo, zur Fortsetzung und zur Festigung der Gewaltverhältnisse, zur Aufrechterhaltung einer Gegenwart ohne Zukunft. Unser Begehren nach einem besseren Morgen, jeder linke Protest, linke politische Arbeit werden gezielt und systematisch kriminalisiert und delegitimiert. Das Schreckgespenst, das die Behörden und die Herrschenden damit zeichnen erfüllt dabei auch die Funktion der Bedrohung die das kleinere Übel legitimiert. Das kleinere Übel, das sind auch Akteur*innen, die nicht so gerne im Fokus der medialen Debatte stehen, sondern lieber in der zweiten Reihe und die gerne Verantwortung von sich weisen. Seien es Nazi-Bullen-Gangs, Autobahngesellschaften, oder Ausfuhrkontrollbehörden. Diese Strukturen und Akteur*innen gilt es anzugreifen, zu sabotieren und ins Licht der Öffentlichkeit zu zerren.
 
Der Staat und seine Behörden haben Übung darin sich in einer passive Rolle zu präsentieren. Sie schmeißen mit Floskeln um sich, wie „Wenn wir die Waffen nicht liefern, dann tun es andere“, fabulieren von einer frieden- und menschenrechte-fördernder Außenpolitik und brüsten sich noch damit, dass die deutsche Exportpolitik restriktiver sei, als die anderer Länder.
Das ist das Gerede, das den Export von Krieg legitimiert und Verantwortung von Staat und Behörden weist. Die BRD gibt sich so ihre scheinheilige friedens- und demokratiestiftende Fassade.
Wir greifen diese Verdrehung von Tatsachen an, wir brechen diese Legitimation. Denn Fakt ist: Gewalt die von der gerühmten Exportnation Deutschland ausgeht hat System! 
Wenn wir über Rüstungsexporte sprechen, sprechen wir nicht nur über den Export von Geräten und Produkten, sondern über den Export von Krieg und von Gewalt. Und: es sind nicht nur die deutschen Rüstungskonzerne, die Waffen produzieren, die mitschießen, nein: auch der deutsche Staat ist direkt an dem Export von Gewalt, am Morden überall auf der Welt beteiligt!
Die Rüstungsindustrie produziert, verkauft und exportiert das Kriegsgerät. Bevor letzteres aber passieren kann, muss das Wirtschaftsministerium, sowie das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle diese Exporte genehmigen.
Das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle, das im abgelegenen Eschborn sitzt, entscheidet in letzter Instanz, ob Rüstungsgüter ausgeführt werden dürfen oder nicht. Dort werden Genehmigungen für Waffen, Munition, sowie für sogenannte Dual-Use Güter ausgestellt, also für Kriegsgerät das sowohl militärisch als auch zivil eingesetzt kann. Die Ablehnung eines Antrags stellt hier offensichtlich die Ausnahme dar. Die Praxis des Durchwinkens in Zahlen: mehr als 99 Prozent aller Anträge auf Rüstungsexporte werden genehmigt. An autoritäre Regime und kriegsführende Länder weltweit. 
 
Auch wenn es staatlichen Behörden wie der BAFA nicht gefällt in der Öffentlichkeit zu stehen und auch wenn der Staat den Repressionsapparat heiß laufen lässt: wir lassen nicht locker. Denn wir wissen: ohne die Intervention einer kämpferischen, antimilitaristischen Bewegung wird es kein Ende der Geschäfte mit dem Tod geben. Die Besetzung der BAFA war daher vor allem ein Akt der Verantwortungsübernahme. Wenn der Staat sich mitschuldig macht am Export von Krieg und Gewalt müssen wir die Abrüstung eben selbst in die Hand nehmen. 
Wir wollen zuallererst den Stopp aller Waffenexporte. Wir wollen außerdem ein Ende der Aufrüstungsprogramme der Bundeswehr und der gesammten EU, und zwar verbunden mit einer sozialen Umverteilung der Unsummen die in Militär- und Polizeistrukturen sowie Grenzregime gesteckt werden. Gerade in Hessen wird uns fast täglich vor Augen geführt, dass die Polizei als ganzes sowieso auf den Müllhaufen der Geschichte gehört.
Stattdessen brauchen wir mehr Geld, mehr Ressourcen, mehr Aufmerksamkeit für  Gesundheitsversorgung, Bildung, Beratung, Fürsorge, – und zwar für alle. 
Wir wollen solidarische und fürsorgliche Strukturen statt Abschottung und Aufrüstung 
 
Wie schon bei den Prozessen in den letzten Wochen, stehen wir heute wieder hier. Wir stehen solidarisch zusammen und antworten auf ihre Repressionen mit Entschlossenheit und Wut. Wir sind wütend, weil wir genug haben von ihrer sogenannten Sicherheit, die nur daraus besteht Gewaltverhältnisse zu schützen, mit Hilfe von rassistischen Männerbünden.
Wir sind heute hier und werden wieder kommen. Ihr kriegt uns nicht kaputt, verlasst euch drauf. Wir werden euch den Stress den ihr uns versucht zu machen, hundertfach zurückgeben. 
 
Wir werden nicht leise sein – im Gegenteil, wir nutzen die Prozesse um enger zusammenzuwachsen, um laut und unangenehm zu sein, um unsere Forderungen nach Frieden und einem besseren Morgen zu stellen und der Bafa und anderen Akteur*innen mehr Aufmerksamkeit bescheren, als ihnen lieb ist! 
Ihr kriegt uns nicht klein. Und ihr kriegt uns auch nicht los.