Redebeitrag Prozeßkundgebung 11.06.2021

Heute sind wir also schon wieder hier um solidarisch einen Prozeß, wegen Hausfriedensbruch im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrgenehmigungen zu begleiten, wo wir letztes Jahr im Februar für mehrere Stunden das Foyer besetzten.

Es ist der 8. Prozesstermin innerhalb von 8 Wochen. Geradezu erstaunlich welche Kapazitäten Gerichte innerhalb der Pandemie freischaufeln können, wenn es darum geht eine Aktion des zivilen Ungehorsams von Linken zu verhandeln. Es werden noch viele folgen.

Wir haben letztes Jahr mit unserer Aktion gegen die Rüstungsexporte und die Genehmigungspraxis der Bundesrepublik demonstriert. Und wir haben das nicht irgendwo getan, sondern in der genehmigenden Bundesbehörde direkt. Da scheinen wir einen Nerv getroffen zu haben.

Mittlerweile wurden 3 Aktivist*innen zu jeweils 40 bzw. 50 Tagessätzen verurteilt, weil sie ihre Verantwortung wahrgenommen haben und gegen das Morden in der Welt mit deutschen Waffen interveniert haben. Häufig erleben wir bei solchen Prozessen, Richter*innen die es sich, nachdem sie nicht den Mut hatten die Verfahren einfach einzustellen nicht verkneifen können, uns mitzuteilen, dass Engagement ja eine tolle Sache sei, aber doch bitte nicht mit solchen Mitteln.

Nun gut sprechen wir also über die Mittel.

Und zwar am Fall des illegalen Waffengeschäftes des süddeutschen Rüstungsbetriebes Heckler und Koch. Im Zeitraum zwischen 2003 und 2011 wurden lt. Ermittlungen des Kölner Zollkriminalamtes 9472 G36 Sturmgewehre nach Mexiko geliefert. Ein Land in dem es eine strukturelle Verknüpfung von Staat und organisierter Kriminalität gibt. Ein Land in dem nicht klar ist ob der uniformierte Bewaffnete für den Staat, direkt für das organisierte Verbrechen oder für beide arbeitet, ein Land in dem die Straflosigkeit für Mord und andere Gewaltverbrechen bei über 90% liegt. Ein Land das in den letzten 15 Jahren 350.000 Ermordete zu beklagen hat, in dem 70.000 verschwunden sind und in dem mittlerweile 100 Menschen am Tag ermordet werden.

Heckler und Koch gab in der für die Ausfuhr von Waffen notwendigen Endverbleibserklärung die Bundesstaaten Jalisco, Guerrero, Chiapas und Chihuahua an. 4 Bundesstaaten an die, auf Grund von Menschenrechtsverletzungen, keine deutschen Waffen geliefert werden dürfen, also wurde der Export untersagt. Heckler und Koch hat daraufhin eine neue Erklärung eingereicht, in der die beanstandeten Regionen durch andere Bundesstaaten ersetzt wurden. Diese gefälschte Erklärung wurde vom Bafa und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie einfach durch gewunken. Mit dieser staatlichen Unterstützung im Rücken verkaufte Heckler und Koch 4767 der gelieferten G36 Gewehre direkt in die 4 indexierten Bundesstaaten.

In der Nacht vom 26. auf den 27. Sept. 2014 wurden nachgewiesenermaßen mit Waffen aus dieser Lieferung 6 Student*innen in der Stadt Iguala ermordet und ein Student über Nacht zu Tode gefoltert. In jener Nacht verschwanden 43 Student*innen die später ermordet und verbrannt wurden. Der Student Aldo Gutierrez liegt seit jener Nacht im Koma weil er eine Kugel in den Kopf bekam, die vermutlich auch aus den deutschen Waffenlieferungen stammte.

2010 wurde erhob der Friedensaktivist Jürgen Grässlin Anklage gegen Heckler und Koch wegen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. 2 Jahre später reichte Grässlins Anwalt auch gegen die an diesem Export beteiligten Mitarbeiter*innen des BAFA und des BMWi ein. Jener Klage wurde aber nie nachgegangen, weil der Stuttgarter Staatsanwalt Peter Vobiller die Akte kurz nach der Aufnahme der Ermittlungen schloß und somit eine Verjährungsfrist in Kraft trat.

Juristisch organisierte, garantierte Straflosigkeit nennen wir das!

In dem weiter laufenden Verfahren gegen Heckler und Koch wurden die Opfer und Betroffenen der deutschen Waffenlieferung nie gehört. Der Bruder von Aldo Gutierrez durfte im Gericht nicht einmal ein Bild seines Bruders zeigen um die Folgen deutscher Waffenlieferungen sichtbar zu machen und anzuklagen. Laut Gericht war nur der Export der Waffen und nicht deren Nutzung Verfahrensgegenstand.

Deutlich wurde: deutsche Regierungen und deutsche Gerichte interessiert es einen Scheiß was mit den gelieferten Waffen passiert. Und wenn die Waffen einmal die deutsche Grenze überquert haben, gibt es weder die Möglichkeit noch das Interesse ihren weiteren Verbleib und ihren Einsatz zu kontrollieren. Hauptsache die Rendite stimmt und deutsche Machtinteressen in der Welt werden gewahrt.

Am Ende des Prozesses gegen Heckler und Koch wurde eine Sekretärin und ein ehemaliger Vertriebsleiter verurteilt. Die Führungsetage musste nie befürchten belangt zu werden, denn: Ironie an: Wir wissen ja alle, dass es vor allem die Sekretärinnen sind die in den großen Konzernen sagen wo es langgeht. Ironie aus!

Reden wir also weiter über die Mittel mit denen wir uns dafür einsetzen, dass solche Schweinereien ein Ende haben.

Wenn alle Appelle und jede Aufklärung im Raum des kapitalistischen, imperialistischen und nationalen Wahns verhallen, wenn Juristen und Gerichte selbst bei der offensichtlichsten Missachtung ihrer eigenen Regeln Straflosigkeit garantieren, dann bleibt uns nur das Mittel der direkten Intervention um Verantwortliche, Produzent*innen und Schreibtischtäter*innen aus der Anonymität zu ziehen. Ihre Ruhe des täglichen Geschäfts zu stören.

Ziviler Ungehorsam ist und bleibt notwendig und legitim. Wir übernehmen Verantwortung, und sagen, der Export von Krieg Folter und Tod, passiert nicht in unserem Namen. Wir stehen für eine Welt die anders ist, für eine Welt der Solidarität und des Friedens. Und nicht für jene Welt in der für Kapital- und Machtinteressen buchstäblich über Millionen von Leichen gegangen wird.

Also ihr Richter*innen spart euch künftig dieses Gesülze über friedliche Mittel des Protestes, wenn ihr einmal mehr uns verurteilt und die wahren Täter laufen lasst.

Als Linke mit einer anderen Idee des Lebens, werden wir regelmäßig mit Verfahren überzogen, aber davon lassen wir uns weder aufhalten noch einschüchtern, denn leider gilt immer noch:

Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt.

Hoch die internationale Solidarität