Rede von Rheinmetall entwaffnen-RheinMain, Gerichtsviertel Frankfurt/Main, 28. April 2021

Liebe Genoss*innen und Freund*innen,

ich grüße euch von Rheinmetall entwaffnen-RheinMain auf dieser Kundgebung zum ersten Prozess wegen der Besetzung des BAFA.

Seit einigen Jahren verfolgen wir mit der Kampagne Rheinmetall entwaffnen das Ziel, Protest und Widerstand gegen die militaristische Politik der deutschen Regierung und die Produktion und den
Export von Waffen zu organisieren – und wieder als konstitutiven Teil emanzipatorischer Politik in der Linken zu verankern.

Denn, was aus unserer Sicht eigentlich selbstverständlich ist, dass die radikale Linke der eigenen Regierung bei der militärischen Durchsetzung der eigenen Weltmarkt- und Weltmachtinteressen in den Rücken fallen muss, ist im Alltäglichen und generell dann doch nicht so selbstverständlich der eigene Ausgangspunkt.Dabei ist es doch nicht so, als wäre das Militärische nicht im Alltag: Bundeswehroffiziere in Schulen und bei der Arbeitsagentur. An den Unis gibt es zig offene und noch mehr verdeckte Kooperationen mit Rüstungsfirmen und gemeinsame Forschungsvorhaben. Die Corona-Pandemie ermöglicht es der Bundeswehr in Gesundheitsämtern und Impfzentren die Krise des Gesundheitssystem und die Überlastung auch noch auszunutzen für ein gutes Image. Würden nicht immer mehr Milliarden Euros in die Kriegsfähigkeit gesteckt und nicht z.B. am Pflegepersonal gespart, wäre auch das Gesundheitssystem in der Pandemie ganz anders aufgestellt. Die Parole: Healthcare not Warfare trifft es genau.

Es ist auch nicht so, dass die „Verteidigungspolitik“ genannte Kriegsführung nicht unsere gesellschaftlichen Verhältnisse und Lebensumstände tangiert: Seit 20 Jahren operiert die Bundeswehr im Verbund der NATO-Bündnispartner in Afghanistan und behauptet dort, die
kapitalistische Freiheit am Hindukusch zu verteidigen. Seit Jahren interveniert die Bundeswehr in Afrika und baut mit Bundespolizei und Frontex am südlichen Speerriegel gegen die Migration. Seit Jahren auch fährt die Bundesmarine Kriegseinsätze entlang der Welthandelsrouten unter dem Vorwand der Bekämpfung der Piraterie, um so den globalen Kapitalismus abzusichern. Die Einsätze im Golf von Aden und vor der somalischen Küste sind die militärische Flankierung des Krieges im Jemen. Für den liefert Rheimetall von hier und aus Rheinmetall-Werken auf Sardinien oder in Südafrika die Bomben. Mit Wissen und stiller Duldung der Bundesregierung. Das bringt auf den Punkt, was wir mit war starts here meinen. Der Krieg beginnt hier – und hier müssen wir ihn stoppen.

Aber noch gelingt es uns viel zu selten, gegen diese Politik energisch Front zu machen und mit Kampf um Befreiung aller Menschen zu verbinden. Unsere Aktionen und Kampagnen gegen Rheinmetall und andere Rüstungskonzerne sind denn auch erst ein Anfang. Antimilitärische Camps
wie in der Altmark bei der Gefechtsübungsstadt Schnöckersburg oder vor Rheinmetall in Unterlüß, die Gedenksteinsetzung und Erinnerung an den Zusammenhang von Rüstung und Zwangsarbeit im Faschismus, die Störung und Stürmung der Aktionärsversammmlung von Rheinmetall in
vergangenen Jahren, oder die Blockaden von Rheinmetall-Werken oder den Leopard2-Panzer-Produzenten Krauss-Maffei-Wegmann letzten August in Kassel – sind einzelne Schritte. Mehr davon ist nötig.

Deshalb waren wir von Rheinmetall entwaffnen-RheinMain auch sofort begeistert von der Idee, das Bundesamt für Außenhandel (BAFA) in Eschborn zu besetzen. Wir haben uns an der Aktion imFebruar letzten Jahres beteiligt. Dieses Bundesamt ist die entscheidende politische Behörde der Bundesregierung, mit der die rüstungspolitische Strategie umgesetzt wird. Zwar machen die einzelnen Rüstungsfirmen immense Profite, aber ökonomisch ist der Waffenhandel für Deutschland
nicht wirklich wichtig. Im Sinne der Zusammenarbeit und Durchsetzung der expansionistischen globalen Interessen ist die Rüstungskooperation und der Waffenhandel allerdings von herausragender strategischer Bedeutung. Dort, wo die Diplomatie mittels Einfluss und Drohung, aber auch ökonomischer Erpressung, nicht reicht, ist die Waffenbrüderschaft – und das muss ich angesichts dieser eindeutig patriarchialen Verhältnisse sicherlich nicht gendern – das Ultima Ratio.

Die antimilitaristische Aktion in Eschborn hat ins Schwarze getroffen. Sie hat angegriffen, auch wenn sie natürlich vom Charakter her sehr zivil war. Aber weil sie eine reale Störung der ansonsten lautlosen Kriegsbürokratie des BAFA war, unternimmt die Behörde im Auftrag der Bundesregierung den Versuch mit zahlreichen Anklagen und Prozessen die Aktivistinnen und Aktivisten zum Schweigen zu bringen.

Wir sagen: das wird ihnen nicht gelingen. So wie wir und ihr heute hier solidarisch beim Gericht stehen, werden wir und ihr alle Aktivist*innen in den kommenden Wochen und Monaten unterstützen, die vor Gericht gezerrt werden.

Und auch der Protest gegen die BAFA geht weiter. Am 11. Mai wird es vor der BAFA in Eschborn eine geballte und anklagende Kritik an dieser Behörde und der militaristischen Politik der Bundesregierung in Form eines Tribunal geben. Ihr seid alle herzlich eingeladen, euch daran zu
beteiligen.

Rise up 4 solidarity
Rise up against war